Neujahrsvorsätze oder wie du mit einem Sankalpa arbeiten kannst

Hast du Neujahrsvorsätze? Es ist schön, wenn wir in unserem Leben Positives anstossen und Gewohnheiten, die uns nicht guttun, verändern möchten. Schade ist es jedoch, wenn wir uns mit unseren Vorsätzen unter Druck setzen und dadurch Stress erzeugen. Dies kann der Fall sein, wenn unsere Vorsätze zum Beispiel zu ambitioniert oder zu zahlreich sind oder nur mit Willenskraft verfolgt werden.

Typischerweise scheitern Neujahrsvorsätze oft bereits nach einigen Wochen im neuen Jahr. Es gibt verschiedene Gründe, woran das liegen könnte. Der Zeitpunkt des Jahreswechsels ist möglicherweise nicht ideal gewählt, da dieser Neubeginn durch den Kalender vorgegeben ist. Eine Veränderung oder ein Neubeginn sollte idealerweise aus einem tiefen, gut reflektierten Bedürfnis entstehen. Der Wunsch zur Veränderung sollte hinterfragt werden: Woher stammt er, und warum möchten wir etwas verändern? Sind wir intrinsisch motiviert, oder handelt es sich um rationale Gedanken, die möglicherweise von äusseren Einflüssen geprägt sind, wie zum Beispiel: „Es wäre gut, wenn“, „Ich habe gelesen, dass es wichtig ist“, oder „Andere machen das auch, also sollten wir es tun.“

Eine tiefere Reflexion hilft uns, unseren eigenen Motiven auf den Grund zu gehen. Dazu gehört, uns zu fragen, warum ein bestimmtes Ziel erreicht oder eine Gewohnheit verändert werden soll. Welche Verbesserung unseres Lebensgefühls erhoffen wir uns davon? Wenn Vorsätze dann später nicht eingehalten werden und scheinbar „scheitern“, können Gefühle des Versagens entstehen oder sogar das Gefühl: „Wir haben es nicht geschafft; wir sind nicht gut genug.“

Wenn wir schlechte Gewohnheiten loslassen wollen, ist es wichtig, zu verstehen, welches Bedürfnis diese bisher erfüllt haben. Jede Gewohnheit, selbst eine, die uns nicht guttut, hat ihren Zweck. Zum Beispiel kann der Konsum von Süssem ein Bedürfnis nach Trost oder Belohnung befriedigen. Um eine Gewohnheit wirklich zu ändern, müssen wir bereit sein, auch das zugrunde liegende Bedürfnis loszulassen oder alternative Wege zu finden, dieses Bedürfnis zu erfüllen.

Es kann hilfreich sein, die eigenen Gewohnheiten schriftlich zu reflektieren: Indem wir aufschreiben, welche Gewohnheiten uns nicht guttun und warum wir sie loslassen möchten. Dabei sollten wir genau überlegen, ob der Wunsch zur Veränderung wirklich aus unserem tiefsten Inneren kommt oder ob er durch äussere Erwartungen beeinflusst ist.

Neujahrsvorsätze sind oft rigide formuliert, zum Beispiel: „Wir müssen das ändern“ oder „Nur wenn wir dieses Ziel erreichen, sind wir gut genug.“ Solche Formulierungen erzeugen Druck. Je mehr Willenskraft wir aufwenden, um etwas zu vermeiden, desto stärker verankern wir es in unserem Geist. „Where attention goes, energy flows, and results show.“ Wenn wir uns ständig mit Gedanken wie „Wir dürfen nicht“ beschäftigen, bleibt diese Negativität präsent. Unsere Gedanken kreisen noch stärker um genau das, was wir eigentlich loslassen möchten. Dies führt zu einem Tunnelblick, der uns blockiert und unsere Kreativität einschränkt.

Auch bei Kindern sehen wir, wie kontraproduktiv solche negativen Formulierungen sind: Je öfter wir ihnen sagen, was sie nicht tun sollen, desto mehr richten sie ihre Aufmerksamkeit genau darauf. Unser Geist funktioniert ähnlich.

In der Yoga-Philosophie gibt es ein sehr schönes Konzept, das sich mit Vorsätzen und positiven Veränderungen beschäftigt: das Sankalpa. Vielleicht kennen wir diesen Begriff aus der Technik des Yoga Nidra. Dieses Sanskrit-Wort kann mit „fester Entschluss“ oder „Absicht“ übersetzt werden. Sankalpa ist jedoch mehr als nur ein Vorsatz. Es ist eine klare, positive Ausrichtung des Geistes auf eine innere Wahrheit oder ein höheres Ziel. Es geht darum, etwas Positives in der Zukunft zu manifestieren, ohne dabei Druck oder Zwang zu verspüren.

Ein Sankalpa wird immer in positiver Sprache formuliert. Aus der positiven Psychologie wissen wir, dass dies effektiver ist: Statt „Wir wollen keine Angst haben“ sagen wir „Wir bleiben ruhig und zuversichtlich.“ Diese positive Fokussierung gibt Raum für Gestaltung und ist nicht mit Stress oder Angst verknüpft. Druck hingegen blockiert uns oft und hält uns an negativen Mustern fest.

Ein Sankalpa könnte lauten: „Es wäre schön, früher ins Bett zu gehen und uns am Morgen wunderbar ausgeruht zu fühlen.“ Damit verschiebt sich der Fokus vom Vermeiden eines Verhaltens hin zu einer positiven Vision, die motiviert und inspiriert.

Wie können wir konkret mit einem Sankalpa ("Vorsatz") arbeiten?

  • Wir können reflektieren oder schriftlich festhalten, welche Gewohnheiten uns nicht guttun und warum wir sie loslassen möchten.

  • Wir überlegen uns kreative Wege, wie wir diese Gewohnheiten durch positive Alternativen ersetzen können. Anstatt uns etwas zu verbieten, können wir eine neue, bereichernde Aktivität etablieren.

  • Wir formulieren unser Sankalpa positiv und in der Gegenwart. Zum Beispiel: „Wir möchten uns in unserem Körper gesund und vital fühlen“ statt „Wir müssen 5 kg abnehmen.“

  • Wir können das Sankalpa in unseren Alltag integrieren: Zum Beispiel, indem wir morgens beim Aufwachen oder abends vor dem Schlafengehen daran denken. Wir können es in ein Tagebuch schreiben oder auf einen Zettel notieren und sichtbar aufhängen. Es lässt sich auch wunderbar in eine Yoga- oder Meditationspraxis oder in Yoga Nidra einbauen.

Es ist wichtig, dabei geduldig und offen zu bleiben. Beim Sankalpa geht es nicht um Perfektion. Wenn wir an einem Tag nicht daran denken oder uns entgegen unserem Wunsch verhalten, ist das kein Scheitern. Stattdessen kehren wir einfach wieder zu einer positiven Ausrichtung zurück.

Ein Sankalpa richtet den Fokus nicht nur auf das Ziel, sondern auch auf den Weg dorthin. Es erlaubt uns, kleine Schritte zu machen und den Prozess der Veränderung nachhaltig und genussvoll zu gestalten. Im Gegensatz zu willenskraftbasierten Vorsätzen bleibt unsere Flexibilität erhalten. Wenn wir „vom Weg abkommen“, ist das kein Grund, aufzugeben. Stattdessen setzen wir unseren Weg einfach fort – ohne das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip.

Sankalpa ist ein kraftvolles spirituelles Konzept, um Positives in unser Leben zu bringen. Es erlaubt uns, unsere Ziele aus einer Haltung der inneren Klarheit, Liebe und Akzeptanz zu verfolgen. Statt uns selbst unter Druck zu setzen, schaffen wir Raum für Wachstum und Transformation – Schritt für Schritt, mit Leichtigkeit und Freude. 

Sankalpa geht über das Setzen von Zielen hinaus. Es richtet sich nicht nur auf konkrete Veränderungen im Alltag, sondern auch auf eine tiefere Verbindung mit unserer inneren Wahrheit. Es hilft uns, nicht nur oberflächliche Gewohnheiten zu ändern, sondern ein Leben zu führen, das im Einklang mit unseren Werten, unserer Intuition und unserer inneren Stärke steht. In der Yoga-Philosophie wird Sankalpa oft als ein Weg betrachtet, um die Verbindung zu unserem höheren Selbst zu stärken und unsere innere Klarheit zu vertiefen. "Yoga ist die Reise des Selbst, durch das Selbst, zum Selbst."— Bhagavad Gita

In diesem Sinne wünschen wir dir einen inspirierenden Start in ein neues Jahr voller Klarheit, Leichtigkeit und positiver Veränderungen.

Namasté
Claudia und das Team von Yoga am Zürichberg

Yoga am Zürichberg